So bunt wie sich Plakat und Programmblatt zum Konzertthema „FarbklACKs“ präsentierten, gestaltete sich auch das dreistündige Programm des Jahreskonzerts vom Akkordeon-Club Kirchzarten. Zur anspruchsvollen Musik gab es im zum Museum umgestalteten Kurhaussaal kurzweilige Dialoge zweier Damen auf dem Weg zu mehr Kunstverständnis, einen zur Versteigerung live gemalten Cartoon von Thomas Zipfel, die erfrischende Kiddyband sowie eine Ehrung für den musikalischen Leiter Gregor Heinrich.
Bärbel Strecker und Eva Dilger, zwei schauspielerfahrene Kirchzartener Originale, führten als Museumbesucherinnen moderierend durchs Programm. Die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Petrowitsch Mussorgsky, von Rudolf Würthner, dem jahrelangen Leiter des Orchesters vom Haus Hohner, fürs Akkordeon arrangiert, waren zentrales Element des Abends. Neben zwei Promenaden hatte Gregor Heinrich die Bilder „Das Alte Schloss“ und „Bydlo“ ausgesucht. Dabei konnte die komplette Bandbreite des Akkordeons ausgespielt werden – langsam und getragen, aber dennoch mit sehr viel Volumen. Als grandioses Finale zum Ende des Abends gab es „Das große Tor von Kiew“. Dieses Tor öffnete sich bei der musikalischen Interpretation des Orchesters vor dem geistigen Auge der Besucher – schillernd, voluminös, mit Glockenschlag vom Turm des Tores.
Doch Mussorgsky bereicherte nicht allein den künstlerischen Abend. „Großstadtbilder“ von Hans Rauch zeigten Szenen einer Großstadt, einen Tanz der Gassenjungen, die Melodie einer Stadt, die Straßen einer Weltstadt. Die Spieler des Akkordeonclubs bewiesen, dass sich das Orchester auf einem spannenden Weg hin zu einem künstlerisch hohen Niveau befindet – sicher für manchen Besucher noch ungewöhnlich, aber musikalisch voller Höchstleistung.
Viel Freude hatten die Museumsbesucherinnen Bärbel und Eva, als mit „Sous le ciel de Paris“ das ganze Lebensgefühl der Stadt an der Seine aus den Instrumenten sprudelte: „Ein bisschen Austern, ein bisschen Champagner, ein bisschen Oh, là, là unterm Himmel von Paris.“
Eine Uraufführung der besonderen Art stellte dann der Auftritt von Musikern aus Kirchzarten, Herbolzheim, Bad Krozingen und Münstertal als Orchester „Fier Vür Innsbruck“ dar. Mit diesen 25 Akkordeonspielern will Heinrich Ende Mai beim World Music Festival in Innsbruck einen Wettbewerb bestreiten. Sie spielten zunächst „Cantus in Memoriam Benjamin Briten“, um dann in „Harmony Cars“ von Helmut Quakernack vier Stimmungsbilder des Bugatti-Typ-41-Oldies zu erleben. Dass der Komponist den Spitznamen „Schabernack“ trägt, kam in seiner Musik deutlich zutage – gewöhnungsbedürftig, aber stotternde Motoren und Chaos verlangten dem Orchester alles ab. Zur Versöhnung spielte das Wettbewerbsorchester einen von Gregor Heinrich bearbeiteten Tango von Shakira.
Dass sich der Verein keine Sorge um den Nachwuchs zu machen braucht, bewies die Kiddyband unter Leitung von Thomas Rampp, die zwei eigens von ihm komponierte Stücke präsentierte.
Zwischen weiteren Stücken des Akkordeonclubs wie dem „Smooth Criminal“ von Michael Jackson und Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ versteigerte Bürgermeister Andreas Hall gekonnt das von Thomas Zipfel gemalte Bild auf amerikanische Weise: „Als anerkannter Experte fürs Geldausgeben locke ich Ihnen die Euros aus der Tasche, die dem ACK für die Jugendarbeit dienen.“ 385 Euro kamen für den Zipfel-Cartoon mit Bildern aus Kirchzarten – mit der Flatterbahnschranke, von Bärbel Strecker als renaturierte Bahnschranke bezeichnet – zusammen.
Ein besonderer Höhepunkt krönte den Abend: Der musikalische Leiter des ACK, Gregor Heinrich, bekam für 30 Jahre Dirigententätigkeit von Clemens Zeissler vom Bezirksvorstand des Deutschen Harmonikaverbands, Bezirk Breisgau, die Goldene Dirigentennadel überreicht.
Für 30 Jahre Dirigententätigkeit bekam Gregor Heinrich (rechts) von Clemens Zeissler die Goldene Dirigentennadel, Susanne Gärtner überreichte ein von Andrea Saier gemaltes Bild.
Es fällt schwer, besondere Solisten des Konzertabends hervorzuheben, zu harmonisch spielte das Orchester miteinander. Doch Sabine Maier gebührt als Konzertmeisterin ein großes Lob – Gregor Heinrich drückte sie dafür liebevoll. Und auch die Keyboarder Vera Wendt und Stefan Schweizer sowie Wolfgang Göldner mit seinen Flöten hatten ihren Anteil am großen Erfolg des Abends.
ACK-Vorsitzende Susanne Gärtner zeigte sich stolz ob des anspruchsvollen Konzerts: „Dieser Linie treu zu bleiben, fühlen wir uns verpflichtet. Die Feuertaufe mit dem neuen Dirigenten ist gelungen.“ Klar, dass das Orchester nicht ohne Zugaben von der Bühne kam. Das „I will survive“, bekannt durch Gloria Gaynor, und die Träumerei von Robert Schumann ließen 320 begeisterte Besucher froh gestimmt den Heimweg vom Museum antreten.
Foto: Gerhard Lück | Ehrung für 30 Jahre – Dirigent Gregor Heinrich (rechts)
Quelle: Badische Zeitung vom 3. April 2019 – von Gerhard Lück